Der Tod von Helmut Kohl war das Topthema der deutschen Fernsehnachrichten im Juni

Der Tod von Helmut Kohl führte die Topthemenliste der wichtigsten Nachrichtensendungen im Juni an. Insgesamt entfielen in Tagesschau 20 Uhr, Tagesthemen, heute 19 Uhr, heute-journal, RTL aktuell und Sat.1 Nachrichten 139 Minuten (über zwei Stunden) Sendezeit auf dieses Thema. Wesentlichen Anteil daran hatten ausgiebige Berichte am Todestag (16.6.2017) mit Nachrufen und Reaktionen aus dem Inland und Ausland, ferner Porträts des Altkanzlers und Berichte über die Würdigung seiner Verdienste im deutschen Bundestag um die deutsche Einheit und die EU.

Ohne den überraschenden Tod Kohls wäre der Juni ein von britischen Ereignissen dominierter Monat geworden. In geringem Abstand folgte auf Platz 2 der Top-10 das Thema Parlamentswahl und Regierungsbildung in Großbritannien (116 Min.). Platz 3 belegte die Berichterstattung über Terroranschläge in London (95 Min.) und Platz 4 über einen Großbrand in einem Londoner Hochhaus (92 Min.). Auf Platz 5 landete der Fußball durch Berichte über den Confed-Cup und die U21-Europameisterschaft (91 Min.). In dichter Folge erschienen auf den Plätzen 6 bis 10 politische Themen, angeführt vom Bundestagsbeschluss der Ehe für alle (83 Min.), dem SPD-Wahlprogramm und Wahlparteitag (78 Min.), Parlamentswahl in Frankreich (77 Min.), Vorbereitung des G20-Gipfels in Hamburg (67 Min.) sowie Ermittlungen gegen US-Präsident Trump (63 Min.).

Typische Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichtensendungen bei der Themengewichtung im Juni zeigten sich unter anderem in der Berichterstattung über die Ereignisse in Großbritannien. ARD und ZDF räumten der Parlamentswahl und Regierungsbildung den Vorrang ein, während RTL und Sat.1 dem Hochhausbrand die meiste Sendezeit gaben.

CDU dominiert klar die Parteienpräsenz

Der Tod von Helmut Kohl wirkte sich auch auf die Parteienpräsenz im Juni aus. Die CDU kam auf 426 Auftritte, die SPD auf 296 Auftritte. In den beiden Vormonaten fiel die Differenz zwischen den beiden großen Parteien deutlich geringer aus.

Unter den kleineren Parteien behaupteten sich die Grünen (114) weiterhin mit Abstand vor Linken (64) und CSU (62). Die Auftritte der FDP halbierten sich gegenüber dem Vormonat, in dem die FDP durch den Ausgang der NRW-Landtagswahl einen Zuwachs an Aufmerksamkeit gewann. Einen weiteren Rückgang ihrer Präsenz in den Nachrichten hatte die AfD bei nur 8 Auftritten zu verzeichnen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder mit den meisten Politikerauftritten

Bundeskanzlerin Angela Merkel behielt auch im Juni unangefochten den Spitzenplatz in der Top20-Rangliste deutscher Politiker mit gut doppelt so vielen Auftritten (168) wie der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz (78). Die Präsenz von Schulz kam dabei hauptsächlich durch O-Ton-Auftritte zustande. Der Tod Kohls wirkte sich auch auf die Präsenz der Politiker aus. Auf Platz 3 der Rangliste deutscher Politiker erschien Helmut Kohl (60) im Juni durch diverse Einspielungen von archiviertem Bild- und Filmmaterial sowie durch Nennungen und verwies damit Sigmar Gabriel (49) und Cem Özdemir (36) auf die Plätze 4 und 5. Auf den Plätzen 6 bis 10 folgten Thomas de Maizière (27), Frank-Walter Steinmeier (26), Wolfgang Schäuble (24), Ursula von der Leyen (22) und Christian Lindner (21). Die Plätze 11 bis 20 der Top20-Liste deutscher Politiker belegten im Juni Armin Laschet (20), Thomas Oppermann (18), Alexander Dobrindt (18), Katrin Göring-Eckardt (16), Sahra Wagenknecht (16), Günther Daniel (15), Dietmar Bartsch (14), Joachim Herrmann (14), Volker Kauder (13) und Norbert Lammert (13).

Unter den Auslandspolitikern behielt Donald Trump mit 157 Auftritten weiterhin die Spitzenposition, dazu trugen unter anderem die in allen Sendungen berichteten Themen Ablehnung des Pariser Klimaabkommens, Tod des US-Studenten Warmbier nach Haftentlassung aus Nordkorea und Inkraftsetzung von Einreisebeschränkungen durch das oberste US-Gericht bei. Mit Abstand auf Platz 2 rangierte die britische Premierministerin Theresa May (111) hauptsächlich durch die Berichterstattung über die britische Parlamentswahl und Regierungsbildung sowie über den Großbrand in einem Londoner Hochhaus. Auf Platz 3 folgte Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron (64), dessen Auftritte überwiegend anlässlich der französischen Parlamentswahl zustande kamen. Die Rangplätze 4 bis 6 belegten der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn (41), Putin (33) und Erdogan (32).

 

Öffentlich-rechtliche Nachrichten dominieren unverändert die Politikberichterstattung

In allen Sendungen fiel der Politikanteil im Juni geringer aus als im Monat Mai mit den beiden Landtagswahlen. Davon unberührt blieben die Unterschiede der Themenprofile in den öffentlich-rechtlichen und privaten Sendungen und die führende Rolle der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen in der Politikberichterstattung. Die Tagesschau verwendete für Politikberichterstattung 57 Prozent der Sendezeit, die längere heute-Sendung 48 Prozent. RTL aktuell kam bei etwa gleicher Länge wie heute nur auf 29 Prozent und die Sat.1 Nachrichten bei gleicher Länge wie die Tagesschau auf 37 Prozent der Sendezeit für Politikthemen. Den höchsten Politikanteil hatte wieder das heute-journal (60 %), die Tagesthemen kamen auf 53 Prozent der Sendezeit.

Während die verkürzte Politikberichterstattung in den privaten Nachrichtensendungen hauptsächlich mit erhöhter Sendezeit für Alltags- und Human Interest-Themen sowie Kriminalitätsthemen einhergeht, resultiert der Unterschied zwischen den Themenprofilen von RTL aktuell und den Sat.1 Nachrichten hauptsächlich aus dem konstant hohen Sportanteil bei RTL, der die Sendungslänge vergrößert.

Im Vergleich der durchschnittlichen Sendeminuten für Politikberichterstattung pro Ausgabe ohne Einfluss der unterschiedlichen Sendungslänge rangierten im Juni die heute-Nachrichten (9 Min.) wieder vor der Tagesschau (8 Min.) und RTL aktuell (6 Min.) vor den Sat.1 Nachrichten (5 Min), ferner das heute-journal (15 Min.) vor den Tagesthemen (13 Min.). Dabei blieben die Abstände zwischen den Hauptnachrichten sowie zwischen den Nachrichtenmagazinen unverändert.

Länderpräsenz der Nachrichtenbeiträge