Fernsehnachrichten: Aufstand in Libyen und Euro‐Krise waren die Topthemen des Jahres 2011

Im Jahr 2011 waren der Aufstand in Libyen und die Euro‐Krise die Themen, mit denen sich die sechs wichtigsten Nachrichtensendungen des deutschen Fernsehens am intensivsten beschäftigten. Wie der InfoMonitor des Instituts IFEM, Köln, ermittelte, berichteten die Hauptnachrichten von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 sowie die Nachrichtenmagazine „Tagesthemen“ (ARD) und „heute‐journal“ (ZDF) zusammen fast 38 Stunden (2262 Minuten) über den Aufstand in Libyen. An zweiter Stelle folgt die Euro‐Krise mit 33 Stunden (1977 Minuten). Weitere Topthemen waren die Reaktorkatastrophe in Fukushima (1239 Minuten), die Schuldenkrise in Griechenland (1217 Minuten) und der Aufstand in Ägypten (963 Minuten). Innenpolitische Topthemen waren Atomausstieg/Energiewende (836 Minuten), verschiedene Landtagswahlen (763 Minuten), der Rechtsextremismus (560 Minuten) sowie die Krise der FDP (420 Minuten).

Schlüsselt man die Hauptnachrichtensendungen nach den Informationsanlässen auf, werden einige markante Unterschiede zwischen öffentlich‐rechtlichen und privatrechtlichen Nachrichtensendungen deutlich. Bei politischen Anlässen wie Konferenzen, Demonstrationen oder Wahlen kommt der überwiegende Teil der Beiträge entweder von „Tagesschau“ (ARD) oder „heute“ (ZDF). Bei nicht‐politischen Anlässen wie Naturkatastrophen, saisonalen Ereignissen (z.B. Feiertage), Unfällen oder kriminellen Delikten stammt der weitaus größte Teil der Beiträge entweder von „RTL aktuell“ oder den „Sat.1 Nachrichten“.

Themenbereiche

Dieses Bild spiegelt sich auch in der detaillierteren Auswertung nach den wichtigsten Themenbereichen wider. Beim Themenbereich Politik zeigt sich in allen Monaten des Jahres 2011 eine eindeutige Rangfolge: Mit Abstand das größte Angebot an politischen Nachrichten bieten die Nachrichtenmagazine „Tagesthemen“ und „heute‐journal“. Bei den Hauptnachrichtensendungen

Die Wirtschaftsberichterstattung zeigt im Jahr 2011 größere Schwankungen. Die Spitze im Januar ist unter anderem auf einen Dioxin‐Skandal (als Verbraucherschutzthema) und diejenige im August auf massive Einbrüche an den weltweiten Börsen zurückzuführen. Erneut liegen „Tagesthemen“ und „heute‐journal“ im Umfang deutlich vor den anderen Nachrichtensendungen, wobei auch die durchschnittlich längere Sendungsdauer der Nachrichtenmagazine zu berücksichtigen ist.

Im weit gespannten Themenfeld Gesellschaft/Justiz sind die Profile der Nachrichtensendungen nicht so klar unterscheidbar wie bei den Themenbereichen Politik oder Wirtschaft. Alle sechs untersuchten Sendungen zeigen gewisse Spitzen im Monat August, in dem unter anderem die Straßenkrawalle in London ein Thema waren, sowie im November, in dem der Rechtsradikalismus und die Ermittlungen zu einer Mordserie rechtsextremer Terroristen ein Topthema in den Fernsehnachrichten waren.

Im Themenbereich Unfall/Katastrophe fällt der Monat März aus dem Rahmen, in dem der Tsunami und die Reaktorkatastrophe in Fukushima die Nachrichten beherrschten. Diese Thematik wurde unter anderem auch von den öffentlich‐rechtlichen Nachrichtenmagazinen intensiv behandelt. In fast allen anderen Monaten berichteten „RTL aktuell“ und „Sat.1 Nachrichten“ deutlich mehr über Unfälle und Katastrophen als die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF.

Noch deutlicher werden die unterschiedlichen Nachrichtenprofile der öffentlich‐rechtlichen gegenüber den privaten Sendern schließlich im Themenbereich Human Interest/Alltag/Buntes, der eindeutig die Domäne von RTL und Sat.1 ist. Mit nur einer Ausnahme berichteten „RTL aktuell“ und „Sat.1 Nachrichten“ in allen Monaten des Jahres 2011 erheblich umfangreicher über diese alltagsnahen und „bunten“ Themen als die öffentlich‐rechtlichen Nachrichten. Die Spitze im Dezember erklärt sich beispielsweise durch den traditionell starken Anteil an weihnachtlichen und Winterwetterthemen bei Sat.1 und insbesondere bei RTL.

Zusammengefasst ergibt sich für die Anteile der verschiedenen Themenbereiche an der Berichterstattung der jeweiligen Nachrichtensendungen im Jahr 2011 folgendes Bild: Der Anteil politischer Themen lag bei allen Sendungen höher als im Vorjahr, besonders deutlich ist der Anstieg bei den Nachrichtenmagazinen. „Tagesschau“ und „heute‐journal“ haben den 50‐ Prozent‐Anteil erreicht bzw. überschritten. Die privaten Nachrichtensendungen „RTL aktuell“ und „Sat.1 Nachrichten“ lagen allerdings nur knapp über bzw. deutlich unter 30 Prozent.

Parteienpräsenz und Politikerauftritte in den Fernsehnachrichten

Wie bereits im Vorjahr verzeichnete auch 2011 die CDU unter Bundeskanzlerin Angela Merkel die mit Abstand meisten Auftritte ihrer Politiker in den Fernsehnachrichten. Lediglich im April lag die FDP an erster Stelle, die in diesem Monat (und im Folgemonat Mai) außergewöhnlich viele Auftritte wegen ihrer parteiinternen Debatten und Führungskrise hatte. Die SPD lag insgesamt an dritter Position mit vergleichsweise geringen Schwankungen über das Jahr. Ähnliches gilt für CSU und Grüne auf etwas niedrigerem sowie Die Linke auf deutlich niedrigerem Niveau, was die Zahl ihrer Auftritte betrifft.

Der Vorsprung von Bundeskanzlerin Merkel als mit Abstand am häufigsten in den Fernsehnachrichten präsenter Politikerin ist auch im Jahr 2011 ähnlich ausgeprägt wie im Jahr zuvor. Auch die Rangfolge der weiteren Top‐Positionen ist sehr ähnlich, mit Guido Westerwelle und Wolfgang Schäuble auf den Plätzen 2 und 3. Deutlich nach vorne geschoben hat sich der in 2011 neu gewählte FDP‐Vorsitzende Philipp Rösler. Am häufigsten präsenter Oppositionspolitiker war erneut SPD‐Chef Sigmar Gabriel.

Länder in der Auslandsberichterstattung

Die Auswertung der Nachrichten nach dem geografischen Bezug der Themen liefert nicht allein ein interessantes Abbild der Relevanz der verschiedenen Länder und Erdzonen für die deutsche Nachrichtenberichterstattung. Sie reflektiert auch zu einem gewissen Grad aus einer anderen Perspektive die Topthemen des abgelaufenen Jahres. So erklärt sich die erstmalige Präsenz der Länder Libyen, Ägypten, Syrien und Tunesien in der Top‐20‐Liste durch die „arabische Revolution“ des Jahres 2011. Die erneut hohe Platzierung von Griechenland spiegelt die andauernde Krise in diesem Land wider. Japan, das im Vorjahr nicht in dieser Liste vertreten war, „verdankt“ seine Präsenz in diesem Jahr dem verheerenden Tsunami und der dramatischen Reaktorkatastrophe in Fukushima. An der Spitze der Liste finden sich allerdings erneut und mit großem Abstand die USA.